Bastard Assistant from Hell
B.A.f.H - Handbuch von Florian Schiel
Kapitel 1 - 5
B.A.f.H. - steht fuer die Satire
-Bastard Assistant from Hell-
alias
Herr Leisch, der Held im Anti-Idyll - Der deutsche Akademiker gilt
als humorlos und trocken? Diese schwer zu beschreibende Satire der
Edelklasse beweist das Gegenteil. Fuer Netzbuerger und deren
Mitmenschen, Akademiker und Sys-Ops.
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Bastard Ass(i) from
Hell 2
Ich ueberarbeite gerade die Fragen fuer die diesjaehrige Zwischenpruefung
- ein paar unloesbare Aufgabenstellungen zeigen doch erst, was in den
Studenten WIRKLICH steckt - als ploetzlich ein ungewohntes Verlangen in
mir aufsteigt. Ich nehme die Finger von der Tastatur und ueberlege. Wieso
moechte ich auf einmal aus heiterem Himmel den verschollen geglaubten
Schluessel zum Kaffeeraum zurueckgeben?
Als Wissenschaftler bin ich es gewohnt, meinen spontanen Regungen nicht
sofort nachzugeben, sondern diese zunaechst gruendlichst zu analysieren.
Also gehe ich stracks in die Bibliothek und bewaffne mich mit
einschlaegiger Literatur. Zwei Stunden spaeter steht die Sache fest: Ganz
zweifellos leide ich an einem akuten Anfall von galoppierenden Altruismus
in Verbindung mit beginnender Saulus-Paulus-Neurose. Die meisten Autoren
warnen vor der Moeglichkeit, dass die Sache chronisch bzw. irreparabel
wird! Bedauerlicherweise wird kein Gegenmittel genannt. Ich muss also
improvisieren.
Kurz darauf verlaesst die Bibliothekarin den Raum, um mit ihren
Kolleginnen im Sekretariat zu ratschen. Ich schnappe mir die fuenf
sorgfaeltig sortierten Karteikartenstapel auf ihren Schreibtisch und hebe
jeweils die obersten zehn Karten ab. Den Rest mische ich gruendlich durch
- ich haette als Croupier Karriere machen sollen! - und verteile sie
wieder auf die fuenf Stapel. Oberflaechlich betrachtet, schaut noch alles
ganz in Ordnung aus. Ich raeume noch in zwei Regalen die Buecher um, so
dass die 'Reden Platons' jetzt unter 'Tensormathematik' zu finden sind,
und verteile meinen ausgelutschten Kaugummi gleichmaessig ueber die
Lesesessel.
Jetzt fuehle ich mich etwas besser. Ich kann sogar am Sekretariat
vorbeigehen, ohne an den Kaffeeraum-Schluessel zu denken. Um ganz sicher
zu gehen, drehe ich auf dem Rueckweg in mein Buero jede dritte
Leuchtstoffroehre in ihrem Sockel um 90 Grad, so dass sie erlischt. Es ist
immer wieder ein Vergnuegen, unseren kleinen dicken Hausmeister zu
beobachten, wenn er schwitzend wie ein Affe auf seiner Aluleiter hockt und
einen Wutanfall nach dem anderen bekommt.
Zurueck in meinem Buero rufe ich die Haustechnik an und mache den Leuten
Dampf. Ich weiss sowieso, dass die um diese Zeit nichts tun als Kaffee zu
trinken und die Abendzeitung von vorne bis hinten durchzulesen. Es sei ein
Skandal, sage ich empoert, hier oben muesse man sich im Dunkeln seinen Weg
suchen. Ich knalle den Hoerer auf die Gabel und wende mich wieder meiner
eigentlichen Aufgabe heute zu. Die Pruefungsaufgaben brauchen noch den
entscheidenden Touch. Ich fuege noch folgenden Absatz ein:
"Wichtiger Hinweis: Da sich einige Aufgaben auf die Loesung anderer
Teile der Pruefung beziehen, empfehlen wir folgendes Vorgehen bei der
Bearbeitung. Loesen Sie zunaechst Aufgabe 1 a und d, anschliessend 4 e, f
und a. Durch geschickte Kombination der Ergebnisse aus 4 a und 1 d sowie
von 1 a und 4 f koennen Sie bei der anschliessenden Loesung von Aufgabe 2
sofort mit Teil c beginnen. Vorteilhaft ist dann vor der Bearbeitung von 3
a, b und f die Aufgabe 1 b und c zu loesen. Die Ergebnisse letzterer
werden zwar erst in 5 c benoetigt, aber wegen der recht knapp bemessenen
Pruefungszeit sollten Sie nicht unnoetig oft die Aufgabenstellung
wechseln. Loesen Sie nun die restlichen Aufgaben in beliebiger
Reihenfolge. Beachten Sie aber, dass 3 c auf keinen Fall vor 6 a und 6 c
idealerweise vor 4 a geloest werden sollte. Viel Erfolg!"
Ich drucke die Pruefungsblaetter aus und schicke sie gleich in den
Kopierladen, damit der Chef sie vor der Pruefung nicht mehr zu Gesicht
bekommt. Der Chef ist da viel zu lasch; nur geforderte Studenten koennen
zeigen, was sie koennen!
Inzwischen ist es spaet geworden und ich schlendere hinueber in den
Hoersaal. Dort warten bereits 30 Studenten seit einer halben Stunde auf
mein Hauptseminar. Ueberlebensregel Nummer 14: Niemals puenktlich zu
seinen Lehrveranstaltungen erscheinen. Dozenten, die puenktlich kommen,
sind nicht WIRKLICH wichtige Leute. Das lernt jeder Student schon im
ersten Semester. Waehrend ich nach vorne zur Tafel gehe, spuere ich
negative Schwingungen im Raum und hoere gemurmelte Worte wie
'Zeitverschwendung' und 'immer zu spaet'. Ich drehe mich mit sorgenvoll
gefurchter Stirne um und erklaere, dass ich gerade an den Aufgaben fuer
die Zwischenpruefung arbeite. Die negativen Schwingungen loesen sich
schlagartig in Wolken von Angstschweiss auf. 30 Augenpaare starren mich
an, 30 Paar Ohren klappen sichtbar nach vorne, 30 zitternde Gestalten
haengen an meinen Lippen.
"Ja, aeh also... ich kann nur sagen ... ", sage ich leise. 30
studentische Oberkoerper beugen sich so weit nach vorne wie moeglich.
"AEh...Sie sollten auf jeden Fall ...ach nein, ich sage jetzt lieber
nichts. Das wuerde Sie nur bei Ihrer Vorbereitung stoeren. Ausserdem ist
dann die ganze Spannung weg." Allgemeines Stoehnen. In der zweiten
Reihe sinkt eine Studentin entseelt auf die Bank. Ich merke mir rasch die
Studenten, die am lautesten stoehnen, um sie nachher rigoros aufzurufen.
Da ich keine Lust hatte mich vorzubereiten, werfe ich rasch einige Formeln
auf die Tafel und murmele kaum hoerbar etwas von "...
trigonometrisches Konvergenzkriterium unter Annahme der
Retrokontraktibilitaet der angegliederten Tensormatrix mit Pi hoch Theta
gegen Null..." Die Studenten pinseln eifrig mit, ohne ein Wort zu
verstehen, weil es da gar nix zu verstehen gibt.
Als die Tafel halb voll ist drehe ich mich um und frage mit scharfer
Stimme, ob noch jemand zu diesem trivialen Thema Fragen hat. Natuerlich
hat niemand. Dann rufe ich der Reihe nach die Stoerenfriede von vorhin
auf. Keiner kann etwas dazu sagen. Als ich das Ende der Veranstaltung
verkuende, ist die Hoffnungslosigkeit im Raum mit beiden Haenden zu
greifen.
Es ist drei Uhr. Beschwingt schliesse ich mein Buero heute etwas frueher
ab als sonst.
Auf dem Weg nach draussen begegnet mir der Chef. Er schaut mich an; ich
schaue ihn an. Statt zu sagen, es sei noch etwas frueh am Tage, wuenscht
er mir ein schoenes Wochenende. Der Kurs in angewandter Hypnosetechnik
letztes Semester hat sich DOCH gelohnt!
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