Michail
      Sostschenko
      
      Die Kuh im
      Propeller
 
      Grigori Kossonossow, der Wächter der Fliegerschule fuhr auf Urlaub in sein Heimatdorf.
"Nun, was ist, Genosse Kossonossow, sagten die Kollegen beim Abschied, da ihr schon hinfahrt, könnt ihr vielleicht ein bißchen agitieren dort im Dorf, sagt den Bäuerlein so und so, das Flugwesen entwickelt sich bei uns, vielleicht tragen sie etwas Geld zusammen für ein neues Flugzeug!"
"Da könnt ihr versichert sein," antwortete Grigori Kossonossow, "wär was anderes, wenn es nicht ums Flugwesen ginge, aber darüber, seid unbesorgt, werd' ich schon was richtiges sagen!"
Kossonossow kam nach
      Haus und begab sich gleich am Tag seiner Ankunft zum Dorfsowjet.
      "Also," sagt er, "ich will hier ein bißchen agitieren!
      Kann man nicht eine Versammlung einberufen?"
      "Nun, warum nicht" antwortete der Vorsitzende, "agitiert
      nur, agitiert nur!"
Am anderen Tag rief
      der Sowjet die Bauern beim Feuerwehrschuppen zusammen. Grigori Kossonossow
      trat vor sie hin und begann:
      "Also, so ist das, das Flugwesen, Genossen Bauern! Da ihr ein, naja,
      na Gott naja ungebildetes Volk seid, werde ich euch etwas von der Politik
      erzählen.
Hier, sagen wir mal,
      ist Deutschland und dort ist Frankreich. Hier Rußland und da - naja,
      überhaupt..."
      "Wovon redest du eigentlich, Väterchen?" fragten die Bauern.
      "Worüber?" erklärte Kossonossow empört, "über das
      Flugwesen natürlich! Blüht halt sehr auf das Flugwesen! Hier ist also
      Rußland und da China."
Die Bauern hörten
      finster zu. "Halt dich nicht auf!" rief jemand von hinten.
      "Red' weiter!"
      "Ich halt mich ja gar nicht auf", sagte Kossonossow
      eingeschüchtert. Ich red' ja über das Flugwesen. Es entwickelt sich bei
      uns, Genossen Bauern, nichts dagegen zu sagen, was wahr ist, ist
      wahr!"
"Hm, etwas
      unverständlich, " rief der Vorsitzende. " Sie, Genosse, müssen
      etwas volkstümlicher sprechen, damit sie die Masse auch versteht!"
      Kossonossow trat näher an den Haufen der Bauern heran, setzte verlegen
      das eine Bein vor und begann von neuem. "Also, Genossen Bauern - man
      baut Flugzeuge bei uns. Und nachher - ssst - fliegt man! In der Luft
      sozusagen!
Nun, mancher
      natürlich hält sich oben nicht gut, bums, saust er runter wie der
      Fliegergenosse Jeremilkin, rauffliegen tat er ganz gut und dann bums,
      krach, ein nasser Fleck blieb übrig!"
      "Ist doch kein Vogel schließlich" sagten weise die Bauern.
"Eben, das sag'
      ich auch!" sagt Kossonossow, erfreut über die Anteilnahme.
      "Natürlich kein Vogel! Ein Vogel, wenn der herunterfällt, nun ja,
      er schüttelt sich und los weiter.
      Anders beim Menschen. War da noch so ein anderer Flieger. Der fiel auf
      einen Baum und hing da wie ein Äpfelchen. Hat sich natürlich erschreckt,
      der Arme, es war zum kranklachen!
Ja, ja, verschiedenes
      passiert so! Da ist einmal eine Kuh in den Propeller gekommen! Ritsch,
      ratsch weg war sie! Auch Hunde!"
      "Und Pferde?" fragten ängstlich die Bauern. "Auch Pferde,
      Väterchen, auch Pferde!" sagte stolz im Brustton der Überzeugung
      der Redner. "Das kommt oft vor!"
"Ach diese
      Kannallien, hol sie der Teufel!" sagte jemand. "Was sie sich
      jetzt alles ausdenken: Pferde zu Tode quälen - nun Väterchen - und das
      entwickelt sich jetzt, ja?"
      "Eben, das sag ich ja! Es entwickelt sich, Genossen Bauern! Und darum
      meine ich, sammelt die ganze Bauernschaft etwas Geld.
"Wofür denn
      bloß?" fragten neugierig die Bauern.
      "Für ein Flugzeug natürlich!" sagte der Redner. Die Bauern
      lächelten sehr finster und gingen langsam auseinander.
Geld für ein neues
      Flugzeug brachte Kossonossow, als er von seinem Urlaub zurückkam, nicht
      mit. Die Bauern seines Heimatdorfes waren eben noch ein zu ungebildetes
      Volk.
      
 
      Die Kuh im Propeller
      Berlin
      1964
      vorgetragen von Manfred Krug

