Simeliberg - Märchen der Gebrüder Grimm
Die zwölf Männer gingen aber vor den Berg
und riefen: "Berg Semsi Berg Semsi tu dich auf" Alsbald tat sich der kahle Berg
in der Mitte voneinander, und die zwölfe gingen hinein, und wie sie drin waren,
schloss er sich zu. Über eine kleine Weile aber tat er
sich wieder auf, und die Männer kamen heraus und trugen schwere Säcke auf den Rücken, und
wie sie alle wieder am Tageslicht waren, sprachen sie: "Berg Semsi Berg Semsi tu dich
zu!", Da fuhr der Berg zusammen und war kein Eingang mehr an ihm zu sehen, und die
zwölfe gingen fort. Als sie ihm nun ganz aus den Augen waren, stieg der Arme vom Baum
herunter und war neu gierig, was wohl im Berge Heimliches verborgen wäre. Also ging er
davor und sprach: "Berg Semsi, Berg Semsi, tu dich auf": und der Berg tat sich
auch vor ihm auf. Da trat er herein, und der ganze Berg war eine Höhle voll Silber und
Gold, und hinten lagen große Haufen Perlen und blitzende Edelsteine wie Korn aufgeschüttet.
Der Arme wusste gar nicht, was er anfangen sollte und ob er sich etwas von
den Schätzen nehmen dürfte; endlich füllte er sich die Taschen mit Gold, die Perlen und
Edelsteine aber ließ er liegen. Als er wieder herauskam sprach er gleichfalls: "Berg
Semsi, Berg Semsi, tu dich zu", da schloss sich der Berg und er fuhr mit seinem
Karren nach Hause. Nun brauchte er nicht mehr zu sorgen und konnte mit seinem Golde
für Frau und Kind, Brot und auch Wein dazu kaufen, lebte fröhlich und redlich, gab den Armen
und tat jedermann Gutes. Als aber das Geld zu Ende war, ging er zu seinem Bruder, lieh
einen Scheffel und holte sich von neuem; doch rührte er von den großen Schätzen
nichts
an. Wie er sich zum drittenmal etwas holen wollte, borgte er sich bei seinem Bruder
abermals den Scheffel. Der Reiche aber war schon lange neidisch über sein Vermögen
und
den schönen Haushalt den er sich eingerichtet hatte und konnte nicht begreifen woher der
Reichtum käme und was sein Bruder mit dem Scheffel anfinge. Da dachte er eine List aus
und bestrich den Boden mit Pech, und wie er das Maß zurückbekam, da war ein Goldstück
darin haengengeblieben.
Simeliberg - Seite 3